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Orthogonale Polynome

In diesem Abschnitt geht es um die Frage:
Wie bestimmt man die Stützstellen $ x_i$ und die Gewichte $ w_i$ im allgemeinen?

Die ursprüngliche Antwort von Gauss basiert auf Kettenbrüchen. Später gewann Jacobi(1826) die Ergebnisse von Gauß mit Hilfe von orthogonalen Polynomen. Christoffel (1877) behandelte beliebige Gewichtsfunktionen.

Wir wollen die wichtigsten Ergebnisse der Theorie kurz anführen. Um orthogonale Polynome einzuführen sei das Intervall $ [a , b]$ und die Gewichtsfunktion $ w(x)$ festgelegt. Man definiert die Zahl

$\displaystyle \langle f\vert g\rangle_w = \int_a^b f(x) g(x) w(x) dx$ (4.46)

als das Skalarprodukt von $ f$ und $ g$ bezüglich $ w$. Zwei Funktionen heißen orthogonal $ f \bot_w g$ falls:

$\displaystyle \langle f\vert g\rangle_w =0 .$ (4.47)

Eine Funktion heisst normiert, falls $ \langle f\vert f\rangle_w =1$. Normierte und orthogonale Funktionen heißen orthonormiert.

Man kann eine Menge von Polynomen finden, so dass

  1. die Menge nur genau ein Polynom $ p_j(x)$ der Ordnung $ j$ enthält für alle $ j=1,2,3 \dots$
  2. $ p_i \bot p_j$ für alle $ (i,j)$ mit $ i \neq j $ gilt.
Eine solche Menge von Polynomen konstruiert man rekursiv gemäß

\begin{eqnarray}&p_{-1}(x)&=0\\
&p_0(x)&=1\\
&p_{j+1}(x)&=(x-a_j)p_j(x)-b_j p_{0-1}(x) , j=0,1,2\dots
\end{eqnarray}


wobei

\begin{eqnarray}&a_j&=\frac{\langle xp_j\vert p_j\rangle_w}{\langle p_j\vert p_j...
...\langle p_{j-1}\vert p_{j-1}\rangle_w},
\hspace*{1cm}j=0,1,2\dots
\end{eqnarray}


$ b_0$ ist beliebig und kann ohne Beschränkung der Allgemeinheit zu $ b_0=0$ gesetzt werden. In der Tat folgt falls $ p_0 \bot_w p_{j-i}$, dass $ p_{j+1} \bot_w p_j$ aus

$\displaystyle \langle p_j\vert p_{j+1}\rangle=\langle p_j\vert(x-a_j)p_j\rangle...
...\vert p{j-1}\rangle=\langle p_0\vert xp_0\rangle-a_j\langle p_0\vert p_j\rangle$ (4.48)

Der Term höchster Ordnung $ \propto x^j$ in $ p_j(x)$ hat den Koeffizienten 1! Die $ p_j(x)$ lassen sich normieren indem man durch $ \sqrt{\langle p_j\vert p_j\rangle}$ dividiert. Man beachte aber, dass die Koeffizienten $ a_j, b_j$ davon abhängen wie man normiert. Es läßt sich zeigen, dass $ p_j(x)$genau $ j$ verschiedene Nullstellen hat. Ausserdem liegt zwischen je zwei Nullstellen von $ p_{j-1}(x)$ genau eine Nullstelle von $ p_j(x)$

Der Hauptsatz der Gauß-Quadratur ist nun:
Die gesuchten Stützstellen $ x_i$ der $ L$-Punkt-Regel in Gleichung ([*]) sind gerade die Nullstellen des orthogonalen Polynoms $ p_L(x)$ zur Gewichtsfunktion $ w(x)$.

Die Gewichte $ w_i$ werden dann so bestimmt, dass die Formel ([*]) für $ f(x)=p_j(x)$ mit $ j=0,1,2\dots,L-1$ exakt ist. Das führt auf $ N$ Gleichungen.

\begin{subequations}
\begin{eqnarray}p_0(x_1) w_1+p_0(x_2)w_2+\dots +p_0(x_L)w_L...
..._1+p_{L-1}(x_2)w_2+\dots +p_{L-1}(x_L)w_L &=& 0
\end{eqnarray}\end{subequations}

(Die Nullen rechts sind Folge der Orthogonalität).

Man kann zeigen, dass mit den aus ([*]) berechneten Gewichten Gleichung ([*]) auch für $ f(x)=p_j(x)$ mit $ j=L,L+1,\dots 2L-1$ exakt ist. Da jedes Polynom der Ordnung $ 2L-1$ oder niedriger als Linearkombination der $ p_j(x)$ geschrieben werden kann, ist somit die Gaussche Quadratur Formel ([*]) auch für alle Polynome mit Ordnung kleiner als $ 2L-1$ exakt.

Die Gauß-Quadratur besteht also im allgemeinen aus drei Schritten:

  1. Erzeugung der orthogonalen Polynome $ p_0,\dots,p_L$ durch Berechnung der Koeffizienten $ a_i,b_i$ in ([*])
  2. Bestimmung der Stützstellen $ x_i$ als Nullstellen von $ p_L(x)$
  3. Berechnung der Gewichte $ w_i$ aus ([*]).
Für klassische orthogonale Polynome sind die Koeffizienten $ a_i,b_i$ wohlbekannt. Der wichtigste Fall ist $ w(x)=1$! Auch die Nullstellen und Gewichte sind tabelliert.

Für ungewöhnliche Gewichtsfunktionen $ w(x)$ kann das Aufstellen einer Gauß-Quadratur jedoch mühsam werden.

Die gebräuchlichsten Gauß-Quadraturen sind nach den orthogonalen Polynomen benannt.

Gauss-Legendre:
\begin{eqnarray*}w(x)=1, \hspace*{1cm}-1<x<1\ [6pt]
(j+1)P_{j+1}=(2j+1)x P_j -j P_{j-1}
\end{eqnarray*}

Gauss-Tschebyschew:
\begin{eqnarray*}w(x)=\frac{1}{\sqrt{1-x^2}}, \hspace*{1cm} -1<x<1\ [6pt]
T_j+1+2xT_j-T_{j-1}
\end{eqnarray*}

Gauss-Laguerre
\begin{eqnarray*}w(x)=x^{\alpha}e^{-x}, \hspace*{1cm} 0<x<\infty\ [6pt]
(j+1)L^...
..._{j+1}=(-x+2j+\alpha+1)L^{\alpha}_j
-(j+\alpha)L^{\alpha}_{j-1}
\end{eqnarray*}

Gauss-Hermite
\begin{eqnarray*}w(x)=e^{-x^2},\hspace*{1cm} -\infty < x < \infty\ [6pt]
H_{j+1}=2xH_j-2jH_{j-1}
\end{eqnarray*}


Manche dieser Polynome treten bei der Lösung spezieller Probleme in der Quantenmechanik und Elekrodynamik auf.


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© R.Hilfer et al., ICA-1, Univ. Stuttgart
28.6.2002